Codices Manuscripti & Impressi Supplement 16
"Der Liber ordinarius der Regensburger Domkirche Eine textkritische Edition des mittelalterlichen Regelbuchs"
ISBN:0379-3621-16
Vorwort:
Die Edition des Regensburger Liber ordinarius ist ein Meilenstein der Forschung; besonders erfreulich ist, dass sie in doppelter Form erscheint:
Die Internet-Edition unter gams.uni-graz.at/o:cantus.regensburg ermöglicht eine Darstellung und Erschließung der Quelle, deren Möglichkeiten weit über eine Druckausgabe hinausgehen: Suchfunktionen, die Auswahl zwischen einem Lesetext, einer strukturierten Darstellung oder einer für die Arbeit an der Handschrift besonders hilfreichen Synopse von Transkription und Faksimile sowie nicht zuletzt die semantische Anreicherung führen die Libri ordinarii-Forschung auf eine qualitativ völlig neue Ebene. Das von PD Dr. Robert Klugseder gemeinsam mit Prof. Dr. Franz Karl Praßl konzipierte und in Zusammenarbeit der Österreichischen Akademie der Wissenschaften mit der Universität Graz mit Mitteln der Österreichischen Nationalstiftung für Forschung, Technologie und Entwicklung realisierte Projekt ist aber auch quantitativ überwältigend, insofern es nicht, wie es sonst in der Libri ordinarii-Forschung die Regel ist, eine einzige Quelle als Frucht langer Mühen eines einzelnen Forschers ediert, sondern in der Zusammenarbeit eines Teams innerhalb kurzer Zeit die Libri ordinarii einer ganzen Kirchenprovinz zugänglich macht; dadurch wird es erst möglich, Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Liturgie innerhalb der gelegentlich auch als „altbayerische Kirchenprovinz“ angesprochenen Salzburger Metropolie des Mittelalters zu erkennen. Besonders erfreulich ist in diesem Zusammenhang auch die Integration nicht-diözesaner Ordnungen, unter denen die Regensburger Abtei St. Emmeram mit gleich drei Handschriften prominent vertreten ist. Mit der innovativen Erschließung im Internet wird die klassische Druck-Edition, wie sie hier vorliegt, aber nicht obsolet: Neben den generellen bekannten Vorteilen des gedruckten Buches für Orientierung und Bearbeitung besteht ihr Eigenwert in den verschiedenen Indices, vor allem aber in der umfassenden Einleitung, in der Prof. Dr. David Hiley eine Summe seiner langjährigen Forschungen an der liturgischen und musikalischen Eigentradition der Regensburger Kirche bietet. Der Vergleich mit den vielfältigen Sekundärquellen verdeutlicht den Einfluss der im Liber ordinarius kodifizierten Ordnung und ihre Liturgie und musikgeschichtlichen Zusammenhänge, profiliert aber auch den spezifischen Charakter dieser einzigartigen Handschrift. Es ist ein besonderer Glücksfall, dass aufgrund eines freundlichen Hinweises von Prof. Dr. Franz Fuchs auch eine etwas versteckt überlieferte Abschrift des Breviariums des Domkanonikers Nicolaus Purchard berücksichtigt werden konnte; es ergänzt nicht nur den älteren Ordinarius um wichtige Angaben zum Prozessionswesen, sondern erwähnt auch zahlreiche Stiftungen, die für die Prosopographie und Sozialgeschichte von Interesse sind. Neben PD Dr. Robert Klugseder als α und Ω des bahnbrechenden Großprojekts wie auch dieser Ausgabe und Prof. Dr. David Hiley als Doyen nicht nur der Regensburger Liturgie und Musikforschung gilt der herzlichste Dank auch Gionata Brusa, MA, der die Hauptlast der Transkription der hier edierten Quellen getragen und maßgeblich an ihrer inhaltlichen Analyse mitgewirkt hat. Die Finanzierung der Drucklegung aus Mitteln des Institutum Liturgicum Ratisbonense verdankt sich der Großzügigkeit des Bistums Regensburg, dessen Überlieferung hier mustergültig erschlossen wird. Möge sich das so beeindruckend Erreichte als Quelle und Ansporn weiterer fruchtbarer Arbeiten erweisen!
Prof. Dr. Harald Buchinger
Direktor des Institutum Liturgicum Ratisbonense
Diese Publikation wurde durch eine Zuwendung des Institutum Liturgicum Ratisbonense und durch die Unterstützung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften ermöglicht.